Österliches Kreuzlstecken
Einem alten Brauch auf der Spur
Österliches Kreuzlstecken
Einem alten Brauch auf der Spur
Lange muss man in der heutigen Zeit schon suchen, bis man fündig wird um einen alten Brauch in der Oberpfalz aufzuspüren, der noch vor 30, 40 Jahren für jeden Bauern selbstverständlich war:
Das "Kreuzlstecken" in der österlichen Zeit. In früherer Zeit nahm sich der Landmann an den Osterfeiertagen die Zeit, einen Rundgang durch seine Felder zu machen. Dabei nahm er geweihte Palmzweige vom Palmsonntag und Späne vom "Brandl" mit. Das waren Holzspäne von ca. 30 cm Länge, die er aus einem Holzscheit schliss, als Bündel formte und mit einem Draht zusammenband. Ein Ende davon wurde im geweihten Osterfeuer angebrannt. Dadurch galten sie, ebenso wie die Palmzweige als geweiht, und man schrieb ihnen so eine ganzjährige nachhaltige Wirkung und Kraft gegen Hagel, Unwetter und Blitzschlag zu. Je ein Span, aufgeschlitzt und mit einem Querhölzchen zu einem Kreuzchen geformt, wurden zusammen mit einem Palmzweigchen diagonal in die Ecken jedes Feldes gesteckt, manchmal auch überkreuz. Dabei wurde ein Vaterunser und ein Ave Maria gebetet sowie die Felder mit mitgebrachtem Weihwasser besprengt. So erbat man Gottes Segen auf die Felder, Hagel und Unwetter fern zu halten.
Aber auch gegen den "Bilmesschneider" sollte dieser Brauch noch im späten Mittelalter helfen. Der Bilmesschneider war ein böses geheimnisvolles Wesen, das in Gestalt eines Mähers oder Schnitters am Fronleichnams-, Johannes- und Peterstag durch die Felder ging, die Halme mit den an seinen Füßen befindlichen kleinen Sicheln anschnitt und so die Frucht zu seinen Gunsten drittelte. Man glaubte damals ihn dadurch bezwingen zu können, dass man am Pfingstsonntag in der Frühe mit geladenem Gewehr hinaus zu seinen Feldern schlich und kreuzweise über die Saaten schoss; denn soweit der Schuss gehört wurde, musste dieser Getreideplünderer weichen und er konnte in jenem Erntejahr keinen Schaden mehr anrichten.
Bliebe zu wünschen, dass der Brauch des Kreuzlsteckens, der, wenn auch nicht gegen den Bilmesschneider, sicher einen Sinn macht, wieder häufiger gepflegt würde.
[Hubert Teplitzky]
Mit freundlicher Unterstützung vonAutor: Hubert Teplitzky, ehem.Kreisheimatpfleger im Landkreis Schwandorf
Obermurach 60, 92526 Oberviechtach (Bayern)
Telefon: 09671-1480
E-Mail: hubert@teplitzky.de
Titel: Österliches Kreuzlstecken
Foto: Hubert Teplitzky
eingesandt von: Hubert Teplitzky
Date: 06.04.2015 11:46
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